Ich habe eine so tiefe Sehnsucht in mir. Ich möchte Hoffnung in diese Welt tragen. Möchte ihr Gutes bringen. Sie heller machen. Für die Menschen in meinem Umfeld jemand sein, in dessen Nähe sie gerne sind und bei dem sie das Gefühl haben, dass sie die Begegnung mit mir gestärkt hat. Ich möchte Mut machen und vor allem möchte ich auf den hinweisen, der mein Leben komplett verändert hat.
Aber an diesen Wunsch schließen sich augenblicklich ganz viele Fragen an und diese Fragen werfen gleichzeitig ganz viele Grenzen auf.
Habe ich selber Hoffnung?
Bin ich mutig?
Macht Gott in meinem Leben wirklich einen Unterschied?
Erleben ich Licht in der Dunkelheit?
Bin ich besser dran als der Rest?
Denn wenn ich meine Sehnsucht lebe – Hoffnung und Lichtblicke zu bringen – , dann will ich das ehrlich und authentisch tun. Ich will keine heilige Fassade präsentieren. Ich will keine frommen Floskeln predigen, die aber leider an der Realität vorbei gehen (á la: „Als Christ fühlst Du Dich immer besser!“ oder „Du musst nur beten, dann ist alles wieder gut“). Und vor allem will ich anderen einen Einblick in mein Leben gewähren. Würde man anhand dessen, was man sehen kann, wenn man mich beobachtet, auf das schließen können, was ich glaube?
Deswegen hinterfragt mich meine eigene Sehnsucht, meine Berufung zur Hoffnungsbotin, zutiefst selbst. Und das spüre ich grade schmerzlich fast an jedem einzelnen Tag. Ich komme mit meiner Nachbarin ins Gespräch – und beobachte mich nach kürzester Zeit dabei, wie ich über die Gesamtsituation klage und mich über viele Umstände aufrege. Ich verbringe durch Homeschooling und geschlossene Kindergärten viel Zeit mit meinen Kindern – und meckere und schimpfe mehr denn je. Ich reflektiere am Abend den Tag mit meinem Mann und berichte ausschließlich davon, was ich heute alles doof fand und wie müde ich doch bin.
Meine größte Herausforderung in all dem: beides ist real. Sowohl mein Wunsch, Hoffnung zu bringen wie auch mein derzeitiges Erleben, meine Kraftlosigkeit und meine Grenzen.
Wie aber bringe ich beides zusammen, ohne eben – wie oben beschrieben – unehrlich zu werden oder mich in Richtigkeiten zu verlieren, die aber keinen Einfluss auf mein eigenes oder sonst irgend ein Leben haben?!
Dann halt eben doch keine Hoffnungsbotin? Oder doch keine Ehrlichkeit? Zu beidem bin ich nicht bereit. Der Preis ist – in jedem Fall – zu hoch!
Mitten in all diesen Gedanken lese ich in meiner stillen Zeit einen Text aus der Apostelgeschichte.
Ich lesen von Petrus und Johannes (Apg. 3). Sie sind auf dem Weg in den Tempel, dem Ort, an dem sie ihrem Gott begegnen und mit ihm sprechen. Im Vorhof des Tempels werden sie von einem Gelähmten angesprochen, der täglich dort saß, um sich seinen Lebensunterhalt zu erbetteln. Er bat auch sie erwartungsvoll um Geld. Doch Petrus schaut ihn an und sagt: „Ich habe kein Geld für Dich. Aber was ich habe, gebe ich Dir!“
Der Gelähmte hat konkrete Erwartungen, wie Hoffnung für ihn aussehen könnte: er wünscht sich schnelle Hilfe durch ein paar Almosen. Seine Gesamtsituation hätte sich dadurch nicht verändert, aber es hätte ihn über den Tag hinweg gerettet. Sein Leben wäre dasselbe geblieben, aber seine Sorgen hätten sich für den Moment geschmälert.
Ich weiß gar nicht, ob Petrus in diesem Moment große geistliche Zusammenhänge hergestellt hat. Vielleicht entsprach das, was er getan hat, wirklich einfach nur den Tatsachen: er hatte kein Geld in der Tasche und konnte dem Gelähmten folglich auch keins geben. Punkt. Aber er wusste, was er „in der Tasche“ bzw. im Herzen hatte: einen Gott, der die Hoffnung in Person ist. Der jedes Leben ändern kann, und zwar nicht mit kleinen Pflastern und kurzfristigen Hoffnungs-Bonbons, sondern mit seiner ewigen Liebe und seinen unendlichen Möglichkeiten. Und eben diesen Gott gibt er weiter. Das ist alles, was er in dem Moment hat. Er spricht über dem Gelähmten die Hoffnung in Jesus aus und: der Gelähmte wird geheilt. Ist das das, was der Gelähmte erbeten hatte? Nein. Ist es das, was in dem Moment das Naheliegendeste war? Nein. Ist es das, was Petrus selber aus sich heraus schaffen konnte (so wie eine Münze aus der Tasche ziehen)? Nein. Ist es aber das Beste, was passieren konnte? Absolut. Den es übertrifft bei weitem alle Erwartungen (die des Gelähmten und vielleicht sogar die von Petrus und Johannes selbst).
Ich lese diese Geschichte also in meiner Stillen Zeit und sie trifft mich mitten ins Herz. Da sind zwei Hoffnungsboten deluxe, aber ihre einleitenden Worte lauten „Das, was Du gerne hättest, haben wir nicht.“ Es scheint, als würden sie das, was sie dem Gelähmten geben können, selber klein machen. „Wir können leider nur Heilung über Dir aussprechen. Sorry.“
Vielleicht ist das, was ich der Welt geben will, gar nicht das, was sie braucht? Und vielleicht ist das, was ich zu geben habe und manchmal gering schätze, viel mehr, als ich je gedacht hätte?
Ich wünschte mir, mit einem Lächeln auf den Lippen, großartigen Geschichten und schneller Hilfe im Gepäck durch mein Leben zu gehen und dies jedem zu geben, der mich darum bittet. Dir geht es schlecht? Ich lächle Dich besser. Du brauchst Fröhlichkeit? Hab ich dabei. Dir mangelt es an etwas Perspektive? Nimm meine.
Hoffnungs-Bonbons, die scheinbar gut in das Gespräch am Gartenzaun oder der Aldi-Kasse passen. Die angenehm sind, für den Moment wirken, aber auch schnell herunter geschluckt sind.
Mein Vorrat daran ist nach wochenlangem Viel-zu-viele-Aufgaben-Jonglieren und Nicht-wissen-wie-lang-das alles-noch andauert leer.
Aber vor allem: Hoffnungs-Bonbons, die mir ausgegangen sind. Mein Vorrat daran ist nach wochenlangem Viel-zu-viele-Aufgaben-Jonglieren und Nicht-wissen-wie-lang-das alles-noch andauert leer. Was aber noch da ist – weil es viel tiefer in meinem Herzen liegt und an eine unerschöpfliche Quelle angebunden ist, ist eine hoffnungsvolle Gewissheit: ich bin in alledem nicht allein. Der Gott, an den ich glaube, der mir meine Schuld vergeben hat und für meine Ewigkeit in seiner Gegenwart sorgt, ist noch immer derselbe. Sein Wesen ist noch immer Gnade. Seine Macht ist noch immer grenzenlos. Die Situation der Welt scheint chaotisch, aber er unterliegt diesem Chaos nicht. Er ist der Fels, die Zukunft, das Licht, meine Burg. Das ist mein Fundament und nichts daran wackelt. Leben mit ihm ist deshalb nicht einfach, kennt ebenso Höhen und Tiefen und fordert mich bis in die letzte Faser meines Seins – aber Leben mit ihm ist dennoch das einzige, was ich mir vorstellen kann. „Herr, wohin sonst sollte ich gehen?“
Hat mich jemand nach diesen Antworten und Überzeugungen gefragt? Nein und Ja. Denn einerseits scheinen sie zu sperrig. Das lässt sich nicht schnell lutschen und verdauen. Ein ehrlicher Austausch darüber, ein Nachdenken und Eintauchen in diese Wahrheiten könnte für jeden, der das wagt, tatsächlich eine komplette Lebensveränderung nach sich ziehen. Und so tiefgreifend hatte es doch gar keiner gewollt, oder? Andererseits: was habe ich sonst?
Ich denke noch einmal an Petrus, Johannes und den Gelähmten. Bzw. den Nicht-mehr-Gelähmten. Denn als Petrus ihm sagt, dass er im Namen von Jesus Christus geheilt sei, bleibt die Lebensveränderung nicht aus. Der Mann kann augenblicklich wieder gehen. Eigentlich ganz schön umständlich. Denn nach 40 Jahren kann man sich auch sehr daran gewöhnen in den Tempel getragen zu werden, die anderen um die eigene Versorgung zu bitten und keine eigenen Schritte machen zu müssen. Aber das war plötzlich vorbei. Die Kraft Gottes selbst hatte sein Leben und seine Glieder durchdrungen und damit alles verändert. Schnell verdaulich war das sicher nicht. Aber es brachte dem Gelähmten endlich wahres Leben.
Und genau an dem Punkt spüre ich meine Sehnsucht wieder: ich möchte Hoffnungsbotin sein. Möchte in die Welt tragen, was sie braucht – nämlich eine Botschaft, deren Vorteil sich nicht darauf beschränkt, dass sie leichtverdaulich ist, sondern dass sie nachhaltig gesund macht. Und von dieser Art Botschaft gibt es nur die eine: Gott ist da. Er liebt Dich. Leg Dein Leben in seine Hand und werde dadurch erst wirklich lebendig.
Das mag sperrig klingen und nicht die naheliegendste Antwort auf die allgemeinen Fragen. Aber billiger geht es nicht, wenn das Ergebnis von Dauer sein soll.
Auch meine mich hinterfragenden Gedanken sind noch da – erlebe ich das ganz persönlich? Ist das die Hoffnung, die sich in meinem Leben erkennen lässt? Ist es um mich heller?
Wie gut, dass diese Fragen da sind. Denn sie fordern eine Antwort von mir. Und die Suche nach der Antwort treibt mich direkt in Gottes Arme. Aus mir selbst heraus habe ich nichts zu geben. Aber das hatten Petrus und Johannes auch nicht. Sie gaben weiter, was sie selbst empfangen hatten. Und ich will mich immer noch näher an Gott, die Hoffnung selbst, halten, damit ich weitergeben, was mir zuvor geschenkt wurde: tiefste Liebe. Stärkste Gnade. Unerschütterlichste Hoffnung.
In diesem Sinne: Shine, baby.
PS: Wenn Du Dich und andere daran erinnerin willst, wie sehr Hoffnung leuchtet, gibt´s hier meinen coolen Aufbügel-Plott zu kaufen:
2 Antworten
Liebe Elena,
deine Worte haben mich voll erwischt. In den letzten Tagen hatte ich immer wieder das Gefühl, meine intrinsische Motivation ist nun wirklich aufgebraucht, mein Akku ist leer. Eine endgültig abgesagte Freizeit, ein Frauentag mit so vielen Fragezeichen, dass die Vorfreude und das Planen bei aller Flexibilität dann doch ausgebremst werden, im Job viel gegeben und das Gefühl nicht genug zu sein. Dann plötzlich wie aus heiterem Himmel :0) kleine Lichblicke – eine motivierende Mail, ein liebevolles Wort, Joggen mit dem Hund und das gute Gefühl sich ausgepowert zu haben und gleichzeitig überwältigt von der Schönheit der Natur.
Ich lebe in der Spannung alles ist Geschenk, lass dich überraschen von Gott und seiner Kraft und sei aufmerksam, sei bereit, geh los, trau dich, deine Stimme ist wichtig. Aus seiner Kraft leben, ehrlich sein, mir ein weiches Herz bewahren, seine Liebe spiegeln – Shine Baby.
Danke Elena
Danke für diesen wunderbaren Blog Post. Er ist ehrlich und hoffnungsvoll zugleich. Und er hat mich mit neuer Hoffnung gefüllt.